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Interview zum Thema "Rechtlicher Umgang  mit BIM-Daten"

Das Interview führte Prof.mr.dr. E.M. Bruggeman (Direktorin des niederländischen Instituts für Baurecht in Den Haag und Professorin für Baurecht an der Technischen Universität Delft).


An wen richtet sich das neu erschienene Werk „Rechtlicher Umgang mit BIM-Daten“ und warum umfasst es die Rechtsordnungen von gleich drei Ländern?

Eduard DISCHKE: Das von einem Herausgeberteam aus Deutschland, Österreich und der Schweiz herausgegebene Buch „Rechtlicher Umgang mit BIM-Daten“ richtet sich sowohl an die Anwender, also diejenigen, die mit der BIM-Methode in der Praxis  täglich umgehen, als auch an deren Berater, die vielleicht erstmals hiermit in Berührung kommen. Es sollen vor allem die Verzahnungen mit den rechtlichen Gegebenheiten klar herausgestellt und dort wo es angebracht ist auch vertragliche Lösungswege aufgezeigt werden. Hierbei haben wir die Rechtsordnungen der drei deutschsprachigen Nachbarländer Deutschland, Österreich und der Schweiz zugrunde gelegt, um die geneigten Leser aus der DACH-Region kompakt in einem Werk über diese wichtige Thematik zu informieren und zugleich eine rechtsvergleichende Betrachtung zu ermöglichen. Wenn in einer der drei Rechtsordnungen Besonderheiten existieren, so wird hierauf jeweils in einem separaten Abschnitt eingegangen. Besonders hinzuweisen ist auch auf den ausführlichen Praxisteil des Buches, in welchem öffentliche Auftraggeber aus den drei Ländern, nämlich die Deutsche Bahn, die ASFINAG und die SBB, die aus ihrer Erfahrung relevanten juristischen Aspekte vor dem Hintergrund umgesetzter oder in der Umsetzung befindlicher BIM-Projekte näher beleuchten.


Benötigen öffentliche Auftraggeber bei der Umsetzung von Infrastrukturbauvorhaben besondere BIM-Daten?

David SCHWANINGER: Allgemein gilt, dass jeder Bauherr und Nutzer individuell zu definierende Daten braucht. Dies gilt auch für die Rechte an den Daten. Gerade wenn die Bauwerksdaten an einen Betreiber oder Facility Manager weitergegeben werden sollen oder die Daten für weitere Projekte genutzt werden sollen, sind entsprechende Nutzungsrechte zu vereinbaren. Es lohnt sich zu prüfen, welche Bauwerksdaten auch nach Fertigstellung wirklich benötigt werden. Meistens ist es nur ein Teil der generierten Daten und je weniger und gezielter Daten übernommen werden, desto niedriger sind die Kosten für deren Nutzung. Um Bauwerksdaten auch für den Betrieb nutzen zu können, muss deren Überführung in die entsprechenden Systeme (z.B. Facility Management Software oder GIS-Software) sichergestellt werden. Das ist bereits bei der Bestellung zu berücksichtigen. Für Infrastrukturbetreiber, die in der Regel dem öffentlichen Vergaberecht unterliegen, kommt verkomplizierend hinzu, dass sie die Software nicht vorschreiben dürfen. Umso mehr müssen die benötigten Bauwerksdaten so bestellt werden, dass sie in die nachfolgenden Systeme überführt und genutzt werden können.


Im Zusammenhang mit BIM sind einige neuen Begriffe und Aufgaben entstanden. Was ist diesbezüglich aus rechtlicher Sicht zu bedenken?

Michael MÜLLER: Tatsächlich existieren zahlreiche BIM-Begriffe, wobei deren Bedeutung nicht immer ganz eindeutig ist. Dies beginnt schon damit, dass die Bezeichnung „BIM“ teilweise unterschiedlich interpretiert wird.

Um ein BIM-Projekt möglichst friktionsfrei und ohne (Rechts-)Streitigkeiten abzuwickeln, ist es essenziell, dass zwischen allen involvierten Personen ein übereinstimmendes Begriffsverständnis existiert. Ebenso ist es unbedingt erforderlich, dass eine klare Rollen- und Aufgabenverteilung besteht, welche auch allen Projektbeteiligten bekannt ist.

Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich daher nach Möglichkeit standardisierte oder normierte Begriffe zu verwenden (wie etwa die Definitionen der EN ISO 19650 Reihe). Allfällige unbestimmte, projektbezogene Begriffe sowie auch die Rechte und Pflichten der einzelnen Projektbeteiligten sollten eindeutig definiert und erläutert werden. Die Festlegung der „gemeinsamen Spielregeln“ kann beispielsweise im Rahmen von besonderen Vertragsbedingungen ("BIM-BVB") erfolgen, die sämtlichen Vertragsverhältnissen (d. h. gegebenenfalls auch Verträgen mit Subunternehmen) zugrunde gelegt werden.


In der Praxis werden beispielsweise die Begriffe "Datenschutz" und "Datensicherheit" häufig miteinander verwechselt oder falsch verwendet. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass Juristen und Technik eine unterschiedliche Vorstellung davon haben. Was versteht man unter diesen beiden Begrifflichkeiten?

David SCHWANINGER: Im allgemeinen Sprachgebrauch wird «Datensicherheit» regelmässig mit «Datenschutz» gleichgesetzt. Rechtlich ist es aber nicht so: Datenschutzrecht betrifft ausschliesslich die Verarbeitung von personenbezogenen Daten, also Daten, welche es ermöglichen, eine (natürliche) Person zu identifizieren. Weil jede Verarbeitung von personenbezogenen Daten aber vom Datenschutzrecht betroffen ist (selbst ein Speichern, Löschen oder Archivieren) kommt das Datenschutzrecht regelmässig zur Anwendung, auch in Bauprojekten. Dies unter anderem mit der Konsequenz, dass betroffene Personen wissen müssen, welche personenbezogenen Daten über sie verarbeitet werden. Datensicherheit muss auch bei personenbezogenen Daten gegeben sein, beispielsweise um unberechtigte Zugriffe zu vermeiden. Auch ist sicherzustellen, dass nur die Projektbeteiligten Zugriff auf personenbezogene Daten haben, die sie auch benötigen. Der Umgang mit Daten wird in Bauprojekten und auch während der Nutzung von Bauwerken demnach anspruchsvoller. Aufgrund der steigenden Datenmengen und der Bedürfnisse zur digitalen Nutzung und Verarbeitung von Bauwerksdaten genügen Papierpläne nicht mehr. Die Daten (auch personenbezogene Daten) müssen digital und bearbeitbar zur Verfügung stehen, nicht zuletzt um diese zu gegebener Zeit löschen zu können.


Welches sind die neuen Herausforderungen, denen sich insbesondere die rechtlichen Berater in BIM-Projekten zu stellen haben?

Eduard DISCHKE: Der in BIM-Projekten beratend tätige Jurist wird sich weit mehr als in der Vergangenheit mit der Relevanz von und den Umgang mit Bauwerksdaten zu beschäftigen haben. Dies erfordert unseres Erachtens eine Offenheit gegenüber den Besonderheiten der digitalen Implementierung in Planungs- und Bauvorhaben. Für ein Verständnis dieser teilweise grundlegend neuen, untereinander vernetzten und auf digitalen Prozessen beruhenden Arbeitsweisen muss auch unter den Baujuristen stetig geworben werden. Es müssen nicht alle bauvertragsrechtlich relevanten gesetzlichen Vorgaben geändert werden, aber auf mittelfristige Sicht - korrespondierend mit der stetigen Durchsetzung der BIM-Methode in der Wertschöpfungskette Bau - sollten dann auch einzelne Normen gezielt auf den Prüfstand gestellt worden. Schon heute sind vertragliche Anpassungen gegenüber den in konventionellen Bauprojekten Verwendung findenden Vertragswerken - gerade im rechtlichen Umgang mit den unverzichtbaren Bauwerksdaten - schlicht unabdingbar.


Die Realisierung von Bauprojekten mit der BIM-Methode bringt, wie von Herrn Dischke soeben erläutert, auch in rechtlicher Hinsicht neuartige Herausforderungen mit sich. Was sind die wesentlichsten Aspekte, die aus juristischer Perspektive zu berücksichtigen sind?

Michael MÜLLER: BIM führt dazu, dass sich für Bau-Juristen teilweise neue Aufgaben und Tätigkeiten ergeben. Einerseits ist dies darauf zurückzuführen, dass gewisse Rechtsgebiete, die bei traditionellen Bauvorhaben eine vergleichsweise untergeordnete Bedeutung hatten, nunmehr eine gewichtigere Rolle spielen (u. a. Datenschutzrecht und Urheberrecht). Andererseits ergeben sich aufgrund der BIM-Methode auch andere Konstellationen, welche Rechtfragen zur Folge haben, die sich bislang nicht gestellt haben. Dies ist u. a. darauf zurückzuführen, dass BIM-Projekte eine intensive Zusammenarbeit zwischen den Projektenbeteiligten, welche – unter Umständen gleichzeitig – an einem BIM-Modell arbeiten, erfordern. Dementsprechend sind auch sehr detaillierte Regelungen in Bezug auf die Schnittstellen und Abläufe notwendig.

Im gegenständlichen Buch werden die relevantesten Aspekte aus den einschlägigen Rechtsgebieten behandelt, wie etwa:

  • Sind bei öffentlichen Ausschreibungen Vorgaben bezüglich der zu verwendenden Software zulässig?
  • Wie werden die BIM-Spezifika bei der Vertragsgestaltung berücksichtigt?
  • Wem ist die Haftung für auftretende Mängel zuzurechnen?
  • Welche rechtlichen Anforderungen muss das BIM-Modell in Bezug auf Cybersecurity erfüllen?
  • Wem stehen die Urheberrechte zu, wenn es mehrere Planer gibt?
  • Wer ist für die Einhaltung des Datenschutzes bei einem BIM-Bauvorhaben verantwortlich?

Außerdem befindet sich am Ende des Buches eine Zusammenfassung, in welcher die wesentlichen Punkte und Empfehlungen dargestellt werden, sodass auf Basis dieser „Checkliste“ BIM-Projekte rechtssicher umgesetzt werden können.


Praxisleitfaden für rechtssichere BIM-Projekte

Das Buch unterstützt dabei, Datenschutz professionell zu managen. Schwerpunkt: Drei Auftraggeber – Deutsche Bahn, ASFINAG und die schweizerischen Bundesbahnen – beleuchten relevante Aspekte im BIM-Prozess.

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