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Die steigenden, für die Endkundschaft teilweise noch unkalkulierbaren Gaspreise veranlassen Haushalte, ihren Energieverbrauch zu senken. Doch manche Sparmaßnahmen gehen auf Kosten der Trinkwasserhygiene. Thomas Wollstein vom Verein Deutscher Ingenieure (VDI) plädiert für einen regeltreuen Umgang mit Warmwasser.
Neben der Heizungsanlage ist es die Warmwasserversorgung, bei der Verbraucher das größte Sparpotential vermuten. Vor allem der Wasserspeicher und die Zirkulation, die rund um die Uhr auf mindestens 60 Grad erwärmtes Trinkwasser bereithalten, führen manche Haushalte in Versuchung. Die Idee liegt nahe, die Temperatur abzusenken. Dies geht allerdings mit Gesundheitsrisiken einher.
„Damit die Installation nicht verkeimt, sind 60 Grad Speichertemperatur unbedingt erforderlich. Die anerkannten Regeln der Technik bilden diese Tatsache ab“, mahnt Thomas Wollstein, der beim VDI den Fach- und Richtlinienausschuss im Bereich Trinkwasserhygiene betreut. „Trinkwasser ist nicht steril“, erinnert er. Das müsse es auch nicht sein. Geringe Konzentrationen von Mikroorganismen seien für gesunde Menschen unbedenklich. „Unter günstigen Bedingungen können sich Mikroorganismen jedoch rapide vermehren. Bis hin zu Konzentrationen, die dem Menschen gefährlich werden.“
Im schlimmsten Fall befallen Legionellen die Installation. Sie führen oftmals zu gravierenden Gesundheitsschäden, mitunter sogar zum Tod. Bei Temperaturen zwischen 25 bis 45 Grad finden sie ideale Vermehrungsbedingungen im Trinkwasser vor. Erst ab 50 Grad nimmt ihre Vermehrungsrate wieder ab, bei 70 °C sterben sie schließlich ab. „Allerdings nur, wenn diese hohe Temperatur konstant und hinreichend lange Zeit gehalten wird“, gibt Wollstein zu bedenken. Er warnt vor einer Absenkung der Speichertemperatur: „Bei 50 Grad findet im Speicher kaum eine Vermehrung von Legionellen statt – allerdings auch keine nennenswerte Abtötung“, erklärt der VDI-Experte. Zudem liegen die tatsächlichen Temperaturen in der Installation, abseits der Messstelle, deutlich niedriger. „In großen Teilen der Anlage haben wir bei einer Einstellung von 50 Grad also Temperaturen, bei denen sich Legionellen leicht vermehren.“
Das technische Regelwerk indes zeigt sich uneinheitlich. Die älteren Arbeitsblätter DVGW W 551 und DIN 1988-200 etwa erlauben bei Ein- und Zweifamilienhäusern eine Mindesttemperatur von 50 Grad. Der Grund ist das geringe Wasservolumen in Installationen solcher Gebäude. „Bei einem so kleinen Volumen, gepaart mit einem regelmäßigen Wasseraustausch, kann das funktionieren“, sagt Thomas Wollstein. Dennoch bleibt ein Zweifel bestehen. Nicht umsonst stellen sowohl das DVGW-Arbeitsblatt als auch die Norm eine Bedingung, wenn der Installateur die Temperatur auf 50 Grad einstellt: Er muss den Eigentümer auf die Gesundheitsgefährdung hinweisen.
Wesentlich strenger ist die Trinkwasserverordnung, die auf dem Vorsorgeprinzip basiert. „Sie fordert, dass bereits die Besorgnis einer Gesundheitsgefährdung ein Ausschlusskriterium ist“, so der Fachmann. „Bei strenger Auslegung der Verordnung ist die Temperaturabsenkung also nicht erlaubt.“
Nach den geltenden technischen Regeln DVGW W 551 (A) und VDI 6023 Blatt 1 ist eine Speichertemperatur unter 60 Grad nicht zulässig. „Wer als Vermieter die Trinkwasser-Speichertemperatur senkt, handelt regelwidrig. Kommt es zu Personenschäden, steht möglicherweise die Staatsanwaltschaft auf der Matte“, erinnert Wollstein.
Selbst als alleiniger Bewohner einer eigenen Immobilie müsse man Gäste schützen. Darüber hinaus verpflichten sich Hauseigentümer*innen, die über einen Wasserversorger Trinkwasser beziehen, vertraglich dazu, schädliche Rückwirkungen der Hausinstallation auf das Versorgungsnetz zu verhindern. Dazu gehört zum Beispiel, dass nur qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Fachbetrieben, am besten mit Nachweis einer VDI-Partnerschulung, an der Trinkwasserinstallation arbeiten dürfen. Denn folgen aus unsachgemäßen Eingriffen Konsequenzen für das öffentliche Versorgungsnetz, haftet der Anschlussnehmer.
Kostenbewusste Verbraucherinnen und Verbraucher befinden sich damit in einem Dilemma. Der VDI-Experte rät, den Energieverbrauch zur eigenen Sicherheit ausschließlich über die verwendete Warmwassermenge zu steuern: „Warmes Wasser sparen bedeutet immer auch Energie sparen.“ So könne man dazu übergehen, die Hände mit kaltem Wasser zu waschen und die Temperatur beim Duschen zu senken oder kalt zu duschen. Letztlich sei beides eine Frage der Gewohnheit und des Komforts. Hygieneprobleme entstehen nachweislich nicht. Auch der Gesetzgeber berücksichtigt in den jüngsten Verordnungen zur Sicherung der Energieversorgung, dass Energieeinsparungen nicht auf Kosten der Gesundheit gehen dürfen. Eine Haltung, die Thomas Wollstein ausdrücklich unterstützt: „Energie einsparen hat hohe Priorität, aber sich zu Tode sparen ist der falsche Ansatz.“
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